RAYMOND JARCHOW | ALTE MÄNNER
Karl-Heinz K. – siebenundsiebzig
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Karl-Heinz K.
Der letzte Angriff war am 5. März 1945. Da waren wir dran. Wir haben alles verloren. Ich war ausgesucht als Luftschutzmelder, dreizehnjährig, ein Stahlhelm auf dem Kopf. Aber da war nichts mehr zu melden. Die ganze Häuserzeile war restlos Spreng- und Brandbomben zum Opfer gefallen.

Ich hatte mich schlafen gelegt. Dann abends um neun Alarm. Hals über Kopf in den Keller. Ich sehe uns noch sitzen, es waren fast nur noch Frauen im Haus, Männer waren ja kaum noch welche da und dann war Staub und dieses Dröhnen, das Pfeifen der Bomben. Die Kellertreppe war zusammen gestürzt, diese Betontreppe, die war nicht mehr da. Alles dunkel, nur ein paar Kerzen. Wir sind durch zwei Mauerdurchbrüche gekrochen, da war die Kellertreppe intakt, da sind wir hinaus, sahen unser Haus lichterloh brennen. Ich bin noch einmal zurück durch die Gärten, weil unter dem Erdgeschossfenster unser kleiner Handwagen stand. Den wollte ich gerne holen.

Wir sind dann entlang an brennenden Häusern Richtung Westen gelaufen zum Ausgang der Stadt. Da brannte nicht mehr viel. Es war eine unendliche Nacht.

Ich habe ein paar Wochen später in einem Angst- und Albtraum noch einmal diese Bombennacht geträumt, einmal. Ich lag naß im Bett. Die Angst war so, dass auch der Urin weggelaufen war. Ich war völlig nass. Es hat mich noch einmal gequält.
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