RAYMOND JARCHOW | ALTE MÄNNER
Rudi S. – zweiundsiebzig
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Rudi S.
Sie hat es eher eingesehen wie ich. Sie sagte immerzu mir: Rudi, wir hören auf. Als ich allein war, habe ich noch einmal richtig Gas gegeben. Und dann habe ich die Schnauze bis oben voll gehabt. Ich habe nichts mehr gegessen. Ich habe abgenommen. Ich war schon so weit, ich habe drei Flaschen getrunken am Tag. Drei große Flaschen, nur Weißen, Braunen habe ich nicht getrunken. Drei Flaschen Schnaps.

Und dann habe ich unter meinem Tisch eine Flasche Chlorix gehabt. Das ist so ein Bleichmittel für Wäsche. Gift, hochgiftig. Und die Flasche stand an meinem Tisch. Und ich dachte, ach, die Flasche, die kannst du trinken. Und zu meinem Glück habe ich die Flasche nicht aufgekriegt. Da ist eine Kindersicherung drinne. Wenn ich die getrunken hätte, wäre ich tot. Am nächsten Tag habe ich das geschnallt, was es war.
Dann bin ich zur Entgiftung. Und dann habe ich gesagt, nein Rudi, das geht nicht so weiter. Und die Entgiftung alleine nützt auch nichts, das muss hier oben Klick machen ... im Kopf. Und im Herzen auch.

Ich hatte auch viele Kollegen in G., die viel jünger sind, mit denen ich zusammen getrunken habe. Alle kaputt, alle gestorben. Der Alkohol ist das Schlimmste, was es gibt.
Ich war an der Grenze, ich war schon soweit, daß ich mich aufhängen wollte. Aber dann habe ich mir gesagt: Rudi, warum. Die anderen lachen nachher über dich, wenn sie mich hängen sehen. Die Kumpels sagen, wieso hat er das gemacht, der starke Mann.

Ich trinke nichts mehr, das habe ich mir geschworen.
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